Mittwoch 10. Februar 2010

Im Zauberland der Nostalgie
(Geschichten aus Lübeck)


Als ich den kleinen Laden von Jan Aleksandrowicz betrete fühle ich ihn sofort, den Zauber der guten alten Zeit. Hier weht Nostalgie durch die Räume und wenn man sich ganz still verhält hört man sie rauen, flüstern und wispern... all die Puppen, Teddybären und Figuren, die hier ein neues Zuhause gefunden haben und die so viel zu erzählen wissen. Ich setze mich an den großen Holztisch in der Mitte des Raumes und möchte bleiben, lange bleiben und tief versinken in dieser Traumwelt, die mich Hektik und Lärm vergessen lassen.


Ein bißchen fühle ich mich beobachtet von den Schönen der Schönsten, wie sie aus ihren Vitrinen auf uns herabblicken. Manche mit kecken Flirtaugen, andere verträumt, wissend oder voll Sehnsucht.


Wo mögen sie in früheren Zeiten gelebt haben? In Kinderzimmern? Wohnstuben? Auf Dachböden? Im Puppenwagen? Oder auf einem edlen Sofa? Und wem haben sie gehört? Nein, eigentlich möchte ich gar nicht alles wissen. Das Unergründliche, das Verborgene, das Rätselhafte, das ist es, was mich hier fasziniert.


Begonnen hat alles mit einem Puppenwagen. Ein Puppenwagen, den Jan Aleksandrowicz vor vielen Jahren seiner Ehefrau schenkte. Zur Dekoration. Aber was ist ein Puppenwagen ohne Inhalt. Also wurde sie gefunden, die erste Porzellanpuppe, eine zweite folgte und dann...Ja, wer einmal sein Haus dem Geheimisvollen öffnet kann sich über viele außergewöhnliche Besucher freuen.


Und das tut er, Jan Aleksandrowicz in seiner sanften, ruhigen, achtsamen Art, so wie es einem Herbergsvater für Märchenwelten gebührt. Irgendwann wurde das Wohnzimmer für seine Kostbarkeiten zu klein, der richtige Zeitpunkt, um seinen Job als Textileinkäufer an den berühmten Nagel zu hängen und seine Spielzeug-Antiquitäten-Welt zu eröffnen. Nein, er ist nicht hier um das große Geschäft zu machen, er ist hier weil sein Herz ihn hierher getragen hat.


Aber woher kommen all seine Kostbarkeiten? Manche werden ihm in den Laden gebracht, von Privatpersonen, andere sind auf Auktionen zu finden, in Deutschland oder England. Und die Kenntnisse, über Ort, Zeit, Herkunft, Material der zauberhaften Kleinode? Das erfährt man auch auf Messen und außerdem gibt es Bücher über Bücher, die alles Wissenswerte verraten.


In einer Vitrine entdecke ich eine wahre Kostbarkeit, das sogenannte "Kaiser-Baby" mit seinem tiefen, erwachsenen Blick. Ab 1909 wurde es aus Bisquitporzellan hergestellt von der Firma Kämmer & Reinhardt.


Ein anderer Schatz, eine Wachspuppe aus dem Jahre 1850, die dann schon mal einige hundert Euro kostet.


Natürlich sind auch Käthe Kruses zauberhafte Puppen vertreten.


Dieses Puppe ist die älteste aus der Kruse Sammlung von Jan Aleksandrowicz. Das seelenvolle Gesichtchen wurde im Jahre 1912 hergestellt. Mit der Puppenproduktion begann Käthe Kruse im Jahr 1910. Da es recht kraftraubend war die textilen Köpfe von Hand in eine Form zu drücken, kann man davon ausgehen, dass der Mann von Käthe, der Bildhauer Max Kruse, mit seinen kräftigen Händen seiner Frau bei dieser Arbeit hilfreich zur Seite stand.


Auf einer Vitrine entdecke ich Schildkrötpuppen. Die ersten damals noch aus Celluloid mit gemalten Haaren und später nach dem Krieg aus Tortulon.


Und auch er fehlt nicht, der stolze Hans von der Waterkant.


Ja, und viele kennen ihn noch, den Sandmann aus dem Osten. Er wurde zur Reparatur abgegeben. Auch das macht Jan Aleksandrowicz mittlerweile selbst. Er hat sozusagen eine kleine Puppendoktor Werkstatt.

"Ich begann damit, als ich selbst Dinge zur Reparatur brachte und nicht zufrieden mit dem Ergebnis war. Da darf man nichts sehen, der alte Zustand sollte so gut es geht wieder hergestellt werden." Wer so einen Anspruch hat kann nur mit Leib und Seele dabei sein. Ich frage ihn, ob er einen Trick hat, eine eigene Technik. Ja, hat er. Aber die wird niemandem verraten! Ich wäre wohl enttäuscht gewesen, hätte er sie preisgegeben, schließlich ist hier das Geheimnis zu Hause.


Aber ich finde auch Blechautos aus vergangenen Jahren.


Alte Bücher, kurioses Spielzeug, Kinderspiele...


und immer wieder Bären.


Selbst eine Laterna Magika...


mit ihren wundervollen Platten ist noch zu haben.


Das Puppentheater ist von 1880, als Hintergrund der Rathausplatz zu Lübeck, das ist schon recht selten. Kreiiert hat es die damals dafür bekannte Fa. Schreiber.


Selbst Wilhelm Tell ließ es sich nicht nehmen hier zur Aufführung zu kommen.


Mit einem letzten Blick auf ein zwei niedliche Bären trete ich nach 2 Stunden wieder auf die Straße hinaus, komme an in unserer modernen Welt. Fast wird mir ein bißchen wehmütig ums Herz. Aber ich kann ja wiederkommen. Und das tue ich bestimmt!

(Zum Vergrößern bitte auf die Bilder klicken.)

Wer noch weiter stöbern möchte, den bitte ich mit einem Klick hier einzutreten:

www.puppen-blechspielzeug.de



Free Background